Anforderungen an den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts gem. § 198 BewG

Soll der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts durch Vorlage eines Gutachtens erbracht werden, muss das Gutachten entweder durch den örtlich zuständigen Gutachterausschuss oder einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken erstellt sein (Anknüpfung an das Senatsurteil vom 11.09.2013 -II R 61/11, BFHE 243, 376, BStBl II 2014, 363; gegen die gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 19.02.2014).

BFH Urteil vom 5.12.2019  -II R 9/18-

Nur das Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen i.S.d. §§ 36, 36a GewO bietet eine erhöhte Wahrscheinlichkeit dafür, dass weitere Beweiserhebungen entbehrlich sind. Diese verfügen über eine Doppelqualifikation, nämlich in fachlicher und persönlicher Hinsicht. Die öffentliche Bestellung von Sachverständigen nach § 36 Abs. 1 Satz l, Abs. 2 GewO setzt einerseits u.a. den Nachweis besonderer Sachkunde und das Fehlen von Bedenken gegen die Eignung voraus. Nach § 36 Abs. 1 Satz 2 GewO sind sie andererseits darauf zu vereidigten, dass sie ihre Sachverständigenaufgaben unabhängig, weisungsfrei, persönlich, gewissenhaft und unparteiisch erfüllen und ihre Gutachten entsprechend erstatten werden. Diese Sachverständigen vereinen damit eine über den Sachkundenachweis belegte Fachkompetenz mit einer über die Vereidigung bewirkten besonderen persönlichen Verpflichtung auf die Integrität ihrer gutachterlichen Arbeit. Demgegenüber ist die allgemeine Bezeichnung »Sachverständiger für   « nicht gesetzlich verankert und deshalb auch nicht besonders geschützt.

Eine durch eine akkreditierte Stelle durchgeführte Zertifizierung ist nicht deckungsgleich mit dem durch § 36 GewO nachgewiesenen fachlichen und persönlichen Profil.

Fazit: Das Gutachten eines Sachverständigen kann nicht zum Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts dienen, wenn dieser nicht öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger ist.

Bundesfinanzhof und Finanzgericht erkennen nur Gutachten von einem Öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen an

Nach § 146 Abs. 7 BewG ist ein niedriger Wert als der vom Finanzamt festgesetzte Wert festzusetzen, wenn der Steuerpflichtige einen niedrigeren gemeinen Wert (Verkehrswert) nachweist. Der Steuerpflichtige trägt insoweit die Nachweislast. Er kann den Nachweis durch ein Sachverständigengutachten erbringen. Bei dem Sachverständigen muß es sich um einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen handeln. Aufgrund der Nachweislast obliegt es dem Steuerpflichtigen nämlich, den Nachweis durch Sachverständigengutachten so zu führen, dass ihm das Finanzgericht regelmäßig ohne Bestellung weiterer Sachverständiger folgen kann. Dieses Ziel würde verfehlt, wenn Gutachten anderer Personen für den Nachweis durch den Steuerpflichtigen zugelassen würden, weil das Finanzgericht zunächst Feststellungen zur fachlichen Eignung dieser Person treffen und zur Überprüfung der Feststellungen ggf. sich eines weiteren Sachverständigen bedienen müßte.

Ob das Gutachten inhaltlich den geforderten Nachweis erbringt, unterliegt der freien Beweiswürdigung des Finanzamtes und ggf. der Gerichte. Der Nachweis ist erbracht, wenn dem Gutachten ohne Einschaltung bzw. Bestellung weiterer Sachverständiger gefolgt werden kann. Einem Gutachten, das bei Fehlen bewertungsrechtlicher Sonderregelungen den Vorgaben der Wertermittlungsverordnung (bzw. für Bewertungsstichtage ab 1. Juli 2010 den Vorgaben der Immobilienwertermittlungsverordnung vom 19. Mai 2010) entspricht und plausibel ist, wird regelmäßig zu folgen sein (BFH-Urt.e in BFHE 224,268 BStBl II 2009, 403 und in BFHE 230,72 BStBl II 2011,203).

Dem vorliegenden Gutachten ist jedenfalls deshalb nicht zu folgen, weil es nicht vom örtlichen Gutachterausschuß oder einem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken erstellt worden ist.

Dieses Urteil ist von besonderer Bedeutung für Auftraggeber von Immobiliensachverständigen und Immobiliengutachter wenn es um eine Immobilienbewertung gegenüber dem Finanzamt geht.

BFH, Urt. vom 11.09.2013  -II R 61/11-